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In meiner letzten Kolumne habe ich 10 Tipps für bessere Verhandlungsergebnisse gegeben. Alle Tipps entsprangen meiner rund 15-jährigen Erfahrungen als Wirtschaftsanwalt, sind jedoch grundsätzlich für jeden in jeder Verhandlungssituation anwendbar.
Umso mehr habe ich mich gefreut, dass das Feedback auf diese Kolumne sehr gut ausfiel. Mehr noch: Diverse Leserinnen und Leser haben mich in den sozialen Medien und per E-Mail kontaktiert und gefragt, ob ich noch mehr Tipps geben kann, mit denen man in Verhandlungssituationen erfolgreicher ist. Meine Antwort lautet: Sehr gerne! Hier sind 10 weitere Tipps aus meiner Verhandlungspraxis:
1. Achte auf die Sitzpositionen
Wie sitzen die Parteien normalerweise an einem Tisch, wenn sie verhandeln? Sie sitzen sich gegenüber. Das jedoch verstärkt unbewusst die Spannungen zwischen den Parteien, da diese Sitzposition Konfrontation andeutet. Besser ist beispielsweise ein runder Tisch oder der Sitzen „über Eck“. Verhandlungen kommen generell zu einem besseren Ergebnis für beide Seiten, wenn diese sich nicht anstarren, sondern in die gleiche Richtung auf ein gemeinsames Ziel (oder einen gemeinsamen Gegner) blicken.
2. Sei bereit auf den Tisch zu hauen
Grundsätzlich ist es sinnvoll, nett und freundlich zu sein. Keiner verhandelt gerne mit einem Stinkstiefel. Aber sorge dafür, dass dein Gegenüber weiß, dass dies eine bewusste Entscheidung ist und keine Schwäche. Deshalb sei bereit, wenn es sein muss auf den Tisch zu hauen. Die Gegenseite muss wissen, dass es mit der Freundlichkeit schnell vorbei sein und eine rote Linie gezogen werden kann, was gegebenenfalls auch sehr deutlich kommuniziert wird.
3. Eine gemeinsame Agenda ist entscheidend
Man sollte meinen, dass alle Personen, die auf einer Seite beteiligt sind, am gleich Strang ziehen und das gleiche Ziel haben. Dem ist aber nicht so. Viele Berater, aber auch beispielsweise spezialisierte Mitarbeiter, wollen zeigen, dass sie die Probleme verstanden und für diese Lösungen erdacht haben. Sie wollen so zeigen, dass sie ihr Geld wert sind. Sie verstehen aber nicht, dass sich viele Probleme gar nicht realisieren bzw. keine Rolle für die Verhandlung spielen. Das Gegenteil kann vielmehr der Fall sein: die Fokussierung auf die Probleme verstellt den Blick für die Lösungen und das gute Verhandlungsergebnis. Wenn also Berater oder sonstige Personen involviert sind, dann sollte klar sein, was das gemeinsame Ziel ist und dass alle auf dieses Ziel hin arbeiten. Und nicht noch ihre eigene Agenda verfolgen.
4. Lass keine Enden offen
Achte immer darauf, dass es ein klares Ergebnis gibt (welches im besten Fall schriftlich festgehalten ist). Es sollte dabei insbesondere klar sein, wer was wann und wo zu tun hat (und auch das Warum sollte jeder Partei klar sein). Zweideutigkeiten bzw. Unklarheiten sind immer schädlich und führen im Zweifel zu weiteren unnötigen, und oftmals auch unkontrollierbaren, Schritten.
5. Es zählen nicht nur die Worte
Nur rund 7-10% einer Botschaft wird mittels Worten transportiert. Den Rest machen Betonungen, Gesten, Gesichtsausdrücke, Verhalten oder Kleidung aus – und natürlich die Waffe am Gürtel. Verhalten und Körpersprache haben oftmals mehr Auswirkung als das, was gesagt wurde. Und wir Menschen nehmen non-verbale Signale unterbewusst auf, was bedeutet, dass unter Umständen durch Worte ein bestimmter Eindruck, wenn er entstanden ist, nicht mehr neutralisiert werden kann. Worte sind mächtig, aber der Rest ist mindestens genauso wichtig.
Wusstest Du, dass…
Mimik beeinflusst die Kommunikation
Freude, Angst, Unbehagen – an der Mimik unseres Gesprächspartners können wir seine aktuelle „Gefühlswelt“ lesen. Mimik ist ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Kommunikation und Interaktion. Nicht umsonst fühlen wir uns nicht wohl, wenn unser Gegenüber seine Sonnenbrille nicht abnimmt im Gespräch. Wir sehen seine Augen nicht und können somit nicht deuten, was dieser denkt oder fühlt.
Die Webseite dasgehirn.info, hat sich auch diesem Thema angenommen und der dazugehörige Artikel ist sehr lesenswert.
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„Wir haben keinen Dialog gebraucht, wir hatten Gesichter.„
6. Die Macht der Berührung
Studien haben gezeigt, dass Menschen über Berührungen eine Verbindung zueinander herstellen. Das kann auch in Verhandlungen angewandt werden. Eine kurze Berührung, beispielsweise an der Schulter oder am Arm – wenn es passend ist natürlich –, kann im Rahmen von Verhandlungen Wunder wirken und beeindruckende Ergebnisse erzielen.
7. Zeige Gefühle
Eine andere Studie hat etwas erstaunliches zu Tage geförtert: Wenn mehrere Babies in einem Raum sind und ein Baby anfängt zu weinen, dann weinen die anderen mit. So gut wie niemand kann sich Gefühlen entziehen. Aber Gefühle erfährt man am besten, wenn man jemanden persönlich trifft. Viele Menschen haben in der Corona-Krise angegeben, dass sie am meisten den Umgang mit anderen Menschen vermisst haben. Denn nur so konnten sie an deren Gefühlen teilhaben, und sei es auch nur unbewusst. Aus diesem Grund sollten Verhandlungen immer persönlich stattfinden. Und dann kann es hilfreich sein, menschliche Regungen zu zeigen. Denn letztendlich sind wir alle Menschen – und als solche menschlich. Niemand verhandelt gerne mit Robotern – zumindest noch nicht.
8. Lerne Fragen zu stellen
Es gibt einen schönen Spruch: Wer fragt führt. Denn mit Fragen lässt sich eine Diskussion steuern – und eine Verhandlung ist im Kern eine Diskussion zweier Parteien. Also lerne, Fragen zu stellen. Lerne zuerst die Kunst des Fragenstellens und dann im Laufe der Zeit, die richtigen zu stellen. Fragen können wichtige Hinweise geben, sie können an die Hilfsbereitschaft der Gegenseite appellieren und sie können einen schwächer erscheinen lassen, als man ist. Und wer Fragen beantwortet, hat weniger Zeit, über eigene Fragen nachzudenken.
9. Lerne Entschuldigung zu sagen
Manchmal gehen Dinge schief. Das ist völlig normal. Wichtig ist dann aber, wie man damit umgeht. Deshalb lerne, Entschuldigung zu sagen. Und zwar so, dass es ernst gemeint ist. Oftmals wird nicht mit einer Entschuldigung gerechnet, was dann die Gegenseite freundlicher stimmt, wenn sie kommt. Und eine Entschuldigung macht den Aussprechenden menschlicher.
10. Glaube niemals, dass du schlauer bist
Wir Menschen neigen dazu, uns im Vergleich mit anderen Menschen für schlauer zu halten. Das ist ein großer Fehler. Tatsächlich ist es so, dass die Unterschiede in den meisten Fällen nur gering sind. Wir sind nicht viel schlauer als andere. Und weil das so ist, sollten wir uns auch so verhalten, also insbesondere nicht denken, dass wir besser sind als die anderen. 1989 spielte im Halbfinale der French Open der Weltranglistenerste Ivan Lendl gegen die Nr. 15 Michael Chang. Lendl glaubte leichtes Spiel zu haben und ließ im Verlauf des Spiels erkennen, was er von seinem Gegner hielt. Er bezahlte einen hohen Preis: Nicht nur verlor er das Match, er verlor es mit einem Doppelfehler. Wer glaubt, schlauer zu sein als die anderen, überschätzt sich und unterschätzt seine Gegner.
War das wirklich schon alles?
Und da wären wir am Ende. Zusammen mit dem vorherigen Artikel zu Verhandlungstipps sind das jetzt insgesamt 20 Tipps, um Verhandlungen erfolgreicher zu machen. Aber ich weiß, dass noch eine Frage letzte Frage besteht: gibt es noch einen Bonus-Tipp? Und ja, den gibt es.
Ich habe mal eine wunderbare Story gehört: „Verschiebe das Problem in überraschender Art und Weise“. Die Geschichte geht so:
„Christian liegt in seinem Bett und kann nicht schlafen. Seine Frau Sara liegt neben ihm und fragt ihn, was los sei. Christian antwortet: Ich muss morgen Markus 5.000 Euro zurückzahlen. Aber ich habe das Geld nicht.
Ist das alles, fragt Franziska? Dann greift sie zum Telefonhörer und ruft Markus an: Hi Markus, Sara hier. Christian sollte dir morgen 5.000 Euro zahlen, aber er hat das Geld nicht.
Dann dreht sie sich zu Christian um: Jetzt kannst du schlafen. Markus aber nicht.“
Ich finde diese Story großartig, denn dieses Vorgehen beruhigt den eigenen Geist, schiebt ein Problem zu einer anderen Person und zwingt diese zu einer Aktion. Dieses Vorgehen erfordert zwar eine gehörige Portion Chupze und Nerven aus Stahl, aber sie überrascht normalerweise die andere Seite gehörig. Es funktioniert zwar nicht immer, aber wenn es klappt, dann kann man so eine eingefahrene Situation aufbrechen und eine Verhandlung wieder ins Laufen bringen.
Was sind deine besten Tipps für Verhandlungen? Schreibe sie mir in die Kommentare!
Der Autor Carsten Lexa ist Inhaber der Rechtsanwaltskanzlei Lexa mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsrecht. Er berät Unternehmen in allen Angelegenheiten wirtschafts- und unternehmensrechtlicher Art. Er veröffentlicht in regelmäßigen Abständen praxisbezogene Artikel zu aktuellen gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen und ist Seminarleiter für wirtschaftsrechtliche Themen bei verschiedenen regionalen und überregionalen Organisationen und Institutionen.
Er hat auch noch weitere interessante Blogbeiträge veröffentlicht. Diese könnt ihr nachlesen unter „So pushst du deine Kooperationen„, „Wie man Streit vermeidet„, „Fehler vermeiden beim Agenturvertrag“ und „10 wichtige Verträge, die Gründerinnen und Gründer brauchen„.
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